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Großer Erfolg für Kritiker des sog. „Masernschutzge-setzes“ – Verwaltungsgericht Düsseldorf ordnet auf-schiebende Wirkung gegen behördliche Zwangsgeld-androhung an mit teilweiser neuer Begründung
Mit Bescheiden vom 30.11.2023 forderte die Behörde erneut die Vorlage eines Nachweises innerhalb einer gewissen Frist und drohte im Falle der Nichtbefolgung ein Zwangsgeld i. H. v. 500€ an. Hiergegen reichte Rechtsanwalt Dr. Lipinski Klage ein und stellte für die Mandanten zudem auch einen Eilantrag. Dieser Eilantrag war insoweit erfolgreich. In Rn. 42 der Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Düs- seldorf führte das Gericht aus, dass der Behörde kein Recht zustünde, mehrfach einen Nachweis i. S. d. Gesetzes anzufordern. Zudem sei aufgrund der Gesetzes- systematik auch ein aus Sicht der Behörde zweifelhafter Nachweis ein Nachweis im Sinne des Gesetzes. Ferner sei auch eine, wie im hiesigen Fall erfolgt, förmli-che Zurückweisung des vorgelegten Nachweises durch das Gesundheitsamt im Gesetz ebenso wenig vorgesehen wie die erneute Anforderung eines Nachweises.
Das VG Düsseldorf führte ebenfalls aus: „(…) Gegen die ggf. mehrfache Zurück- weisung eines Nachweises mit dem Ziel der erneuten, im Wege des Verwaltungs-zwangs durchsetzbaren Anforderung eines Nachweises, bis dieser das Gesund-heitsamt inhaltlich überzeugt, spricht im Übrigen die Erwägung, dass dies auf die Erzwingung der Masernschutzimpfung hinausliefe, die vom Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen ist. (…)“. Mit dieser Aussage schloss sich das VG Düsseldorf im Ergebnis der Judikatur u.a. des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH München, Beschluss v. 15.01.2024 – 20 CS 23.1910, 20 CE 23.1935) an, wonach die Rechtsgrundlage für die Androhung eines Zwangsgeldes bei Nichtvorlage eines Nachweises nicht ausreichend sei und die Androhung eines Zwangsgeldes für die zwangsweise Durchsetzung der Nachweis-pflicht, die auf diese Weise zur (faktischen) Impfplicht würde, vom Gesetzgeber nicht gewollt sei.
Rechtsanwalt Dr. Lipinski: „Die Entscheidung ist ein Meilenstein im juristischen Kampf gegen die zwangsweise Durchsetzung des sog.„Masernschutzgesetzes“. Mittlerweile zeichnet sich - bei aller Vorläufigkeit der juristischen Bewertung – eine Trendumkehr dahingehend an, dass die sog. Nachweispflicht jedenfalls nicht mit- tels Verwaltungszwangs durchgesetzt werden darf. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die Gegenseite insoweit in die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Mün-ster gehen wird. Von besonderer Bedeutung sind die - neuen - Ausführungen des Gerichts zum „Verbrauch“ des Nachweisanforderungsrechts der Behörde und auch die Darlegungen zur fehlenden Rechtsgrundlage für die Ablehnung eines vorge- legten Nachweises. Auch ein aus Sicht der Behörde inhaltlich unrichtiger Nachweis ist grundsätzlich ein Nachweis im Sinne des Gesetzes und ermächtigt die Behörde allenfalls da- zu, andere Maßnahmen (wie z.B. die Anordnung einer Untersuchung, die aber auch kaum vollstreckbar sein dürfte) zu erlassen, aber nicht dazu, Ver- waltungszwang anzuordnen.
Die Entscheidung ist daher ganz überwiegend zu begrüßen. Einen kleinen Wer-mutstropfen hat jedoch (auch) diese Entscheidung: Das Gericht hat durch viel ju-ristische, wenngleich natürlich richtige, „Kreativität“ es erneut vermocht, sich nicht inhaltlich zum Thema Kontraindikation zu äußern bzw. äußern zu müssen. Ent- sprechendes gilt für die seit ca. 4 Jahren bestehende, wohl akuteste Frage des deutschen Staats- und Verfassungsrechts, ob das sog. „Masernschutzgesetz“ für den hier relevanten Schulbereich überhaupt verfassungs- und menschenrechts- konform ist, was aus einer Vielzahl an Gründen immer noch stark zu bezweifeln ist. Solche Gründe sind weiterhin u.a.:
- Unverhältnismäßigkeit des Gesetzes für Schüler, die nicht mehr der gesetzlichen Schulpflicht unterliegen (Abiturverbot zumindest in einigen Konstellationen);
Die letztgenannten Punkte muss endlich das Bundesverfassungsgericht entschei- den, zumindest solange die Fachgerichte diese Fragen weiterhin scheuen zu beantworten. Es bleibt zu hoffen, dass dies (endlich) 2024 geschehen wird. Es ist unbefriedigend für eine große Anzahl an Impfrealisten im ganzen Land, dass, solange diese Fragen immer noch nicht gerichtlich geklärt sind, die Behörden weiterhin allerlei Maßnahmen gegen unbescholtene Bürger meinen erlassen zu müssen.“
- massenhaft fehlende Datenerhebung durch die Behörden PEI, RKI und StiKO, z.B. zur Frage des Anteils der natürlich Immunen in der Bevölkerung sowie
- enorme statistische Untererfassung der Verdachtsfallmeldungen auf Impfkom- plikation bzw. enorme Mängel des sog. Spontanerfassungssystems.
Ob und inwieweit die Entscheidung auch gegen erlassene Bußgelder verwendbar ist, bleibt abzuwarten. Rechtsanwalt Dr. Lipinski: „Wenn ein erlassener Bußgeld-bescheid wegen Nichtumsetzung einer zweiten, dritten oder vierten Nachweis-anforderung erlassen wird, dürfte die Entscheidung Relevanz auch für Bußgeldverfahren haben.“
Die Entscheidung des VG Düsseldorf vom 07.02.2024, Az. 29 L 3343/23, ist mittlerweile im Internet auffindbar.
Heidelberg, den 21.02.2024
Rechtsanwalt Dr. Uwe Lipinski
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Eingestellt am 21.02.2024 von Dr. Lipinski
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